Italien 2002 (Abschlussfahrt Alpinistik-Kurs)

Schon seit ich an der Uni in Ilmenau immatrikuliert bin, hatte mich der angebotene Alpinistik-Kurs gereizt. Leider hat es zeitlich nie so richtig gepasst, so dass ich erst im 6. Semester daran teilnehmen konnte. Als Kursabschluss war eine Fahrt nach Breuil-Cervinia (Italien) geplant. Von hier aus wollten wir auf das Breithorn (4165m). In einem gemietetem Kleinbus sind wir dann zu siebent am Donnerstagnachmittag vor Pfingsten in Ilmenau aufgebrochen. Wir schätzten, dass wir so gegen Mitternacht ankommen würden. Was für ein Irrtum!

Der Bus war nicht mehr der Allerneuste und sollte auch nach Aussage des Besitzers einige kleine Macken haben, aber wir waren alle zusammen und mussten nicht getrennt im eigenen PKW anreisen. Zu den kleinen Macken zählte wahrscheinlich auch, dass der Bus im Stand immer ausging, was uns aber bei recht zügiger Fahrt auf der Autobahn erst mal gar nicht weiter störte, nur als wir dann in Bregenz am Bodensee im Stadtverkehr im Stau standen, war es schon etwas nervig. Einen richtigen Schock bekamen wir auch, als wir hier das erste mal tanken mussten, hatten wir doch tatsächlich auf dem Stück von Ilmenau bis Bregenz fast 80 l gebraucht! 16l/100km ist schon ganz schön heftig.

Leider kamen wir auf der Schweizer Autobahn nicht mehr ganz so schnell vorwärts, wie auf den guten deutschen Autobahnen. Die Vignette, die wir uns kaufen mussten war jedenfalls völlig umsonst, denn mit Autobahn hatte das nicht viel zu tun: fast nur einspurig, eine Baustelle an der anderen, absolut verwirrender Schilderwald (richtig spannend, wenn man da Nachts durchfährt, mit viel Glück findet man sogar den richtigen Weg!) und dann bringen es die Schweizer doch tatsächlich fertig, mitten in der Nacht ihre Tunnel zu waschen oder zu wässern, kein Ahnung. Jedenfalls standen wir dann sogar noch im Stau, weil die sowieso schon einspurige Strecke jetzt auch noch mit Ampeln geregelt wurde.

Als wir dann schon fast in Italien waren, ging es in Serpentinen ziemlich steil bergab und es war ziemlich nebelig, aber erstaunlicherweise nur hinter uns! Wir bekamen öfter mal Lichthupe und ein Auto, was uns schließlich überhohlte, hatte sogar die Nebelschlussleuchte an. Unser Bus qualmte aus dem Auspuff ohne Ende, hätte ne gute Nebelmaschine abgegeben. Irgendjemand sagte dann mal, dass das bei einem Diesel schon mal vorkommen kann, dass er ein bischen hinten raus qualmt, aber es war ja kein Diesel, auch wenn der Motor sehr danach klang! Am nächsten Rastplatz hielten wir an und schauten alle ganz fachmännisch in den Motorraum. Das Einzige, was uns einfiel und was wir angehenden Ingenieure auch beherrschten, war, den Ölstand zu kontrolliern. Öl war noch drin, wenn auch recht wenig. Nach einer kurzen Rast ging es weiter mit unserer Nebelmaschine.

In Italien war das dann mit der Autobahngebühr etwas anders. An Moutstationen musste man die Gebühr abschnittsweise zahlen. Erst, wenn die Gebühr entrichtet wurde, öffneten sich die Schranken und man durfte weiter bis zur Nächsten fahren. Auch irgendwie nervig. An den ersten beiden Stationen hatten wir auch noch keine Probleme, brav zahlten wir unsere Gebühr, die Schranken öffneten sich und wir fuhren weiter. An der nächsten Station kurz nach Milano waren aber einige Schranken oben und die Ampeln auf grün, schön dachten wir uns, hier kann man also einfach so durchfahren! Doch es war schon irgendwie komisch, das wir so ziemlich die Einzigsten waren, die diesen Weg wählten. Dann schaltete die Ampel auch noch plötzlich auf rot, als wir fast durchwaren. Aber was solls, die Schranken waren ja oben, alles in Ordnung, dachten wir zumindest für einen Augenblick.

Kurz vor der Autobahnabfahrt war dann noch mal so eine Mautstation, diesmal aber mit Personal besetzt und die Schranken waren dummerweise auch geschlossen. Der nette? Italiener wollte die besagte aber auch nicht öffnen, sondern ein Ticket von uns haben. Keine Ahnung, wovon der redete? Mit ein bischen Englisch versuchten wir ihm zu erklären, dass wir so ein ominöses Ticket nicht hätten und bei der letzten Station einfach so durchgefahren sind. Das fand er gar nicht lustig, und so wurde erst einmal das Kennzeichen aufgenommen und auf dem Computer rumgehackt. Langsam begriffen wir auch das System: Da, wo wir einfach durchgefahren sind, hätte man ein Ticket ziehen müssen und je nach gefahrener Strecke auf der Autobahn an der Abfahrt bezahlen müssen. Bei uns gab es da nun einige Probleme. An der Anzeigetafel konnten wir sehen, wie die Gebühr bereits auf stattliche 68 EUR angestiegen war. 8 EUR mussten wir sofort bezahlen, bekamen aber noch eine Quittung, auf der irgendwas in Italienisch stand. Wahrscheinlich sollten wir den Rest überweisen?!? Na jedenfalls hat man uns wieder von der Autobahn runter gelassen und wir waren unserem Ziel auch schon recht nahe.

Jetzt ging es noch einmal ziemlich steil bergauf bis nach Breuil-Cervinia. Unseren Zeitplan würden wir wohl nicht einhalten können, denn es war mitlerweile schon nach 3 Uhr morgens! Der Bus quälte sich den Berg rauf, irgendwie zog er nicht mehr so richtig. Im zweiten Gang wurde er auch schnell heiß, so dass wir öfter mal anhalten mussten, um ihm ein wenig abkühlen zu lassen. Im ersten Gang erreichten wir dann endlich Breuil-Cervinia! Nach langem Suchen fanden wir auch den Parkplatz der Liftstation. Es war mittlerweile kurz nach 4 Uhr. Wir suchten nur noch schnell die Iso-Matten und die Schlafsäcke aus dem Gepäck und legten uns wenigsten noch für ein paar Stunden vor unseren Bus auf den Parkplatz. So richtig geschlafen haben wir aber auch nicht, die Sonne ging bald auf und es schien ein wunderschöner Tag zu werden.

Nach einem Frühstück im morgendlichen Sonnenschein traf dann auch unsere Führer mit Anhang ein und wir brachen schließlich zu unserer Eingewöhnungstour zum Plan Maison auf. 500 Höhenmeter am ersten Tag bis auf 2500m, ein wenig das Material testen und dann auch mal die Steigeisen anlegen. Da wir die Nacht nicht viel geschlafen hatten, gingen wir nach dem Abstieg früh in unsere Zelte, die wir einfach neben dem Parkplatz aufstellten.

Am nächsten Morgen ging es dann richtig los. Mit vollem Gepäck hatten wir 1500 Höhenmeter vor uns. Das Wetter war nicht so gut, man hatte kaum Sicht und es nieselte bzw. schneeite auch des öfteren. Wir folgten immer der Piste und nach 6 Stunden Aufstieg waren wir aufeinmal über den Wolken und hatten unser Ziel direkt vor Augen: Das Plateau Rosa in 3500m Höhe. Hier bauten wir dann auch unser Lager auf. Gegen Abend wurde auch das Wetter wieder besser und man hatte frei Sicht auf das Matterhorn und umliegende Gipfel.

Eigentlich sollte es am nächsten Tag ziemlich früh losgehen, doch als wir um 6 Uhr früh aus den Zelten schauten, war uns ganz und gar nicht nach Aufstehen zu Mute. Es war schrecklich kalt und furchtbar nebelig. Am Abend zuvor waren es schon -10°C gewesen, in der Nacht wahrscheinlich noch kälter. Gegen 7 Uhr konnte man sehen, dass die Sonne so langsam durch den Nebel schien und wir konnten uns zum Aufstehen durchringen. Die Schuhe waren natürlich steif gefroren und ich hatte den ganzen Vormittag eiskalte Füße. Auch das Schneeschmelzen für unseren Wasservorrat für den Aufstieg zum Breithorn erwies sich als Problem. Die Ventile der Gaskartuschen waren eingefroren. So dauerte es noch eine ganze Weile, bis wir dann endlich aufbrechen konnten.

Es wurde ein wunderschöner heißer Tag, man hätte im T-shirt laufen können, wenn die Gefahr der Verbrennungen nicht so groß gewesen wäre. Um uns herum setzte langsam der Skibetrieb ein. Die ersten Skifahrer schoben sich mit dem Lift an uns vorbei und schauten schon etwas ungläubig, wie wir mit Rucksack und Ausrüstung die Piste hochlatschten. Es war anstregender als gedacht, die Sonne brannte gnadenlos. Als wir dann endlich den Gipfel des Breithorns zu Gesicht bekamen, waren wir wieder hoch motiviert, es doch noch schaffen zu können. Allerdings war der Weg noch ziemlich lang und wir mussten selber Spuren. Gegen Mittag waren wir immer noch nicht viel weiter, ständig wurden wir von Skifahren überholt, die ganz locker mit dem Lift bis hier hoch gefahren waren, um dann noch mal schnell den Gipfel des Breithorns mit zu nehmen. Das wir jeden Höhenmeter zu Fuß gegangen waren, merkten wir schon. In fast 3800m Höhe wurde mir dann auch etwas komisch und mein Magen fühlte sich ganz schön flau an. Das Wetter schien auch umzuschlagen, langsam schoben sich die Wolken aus dem Tal herauf. Nach einer längeren Rast entschlossen wir uns dann, doch umzukehren, da wir heute auch noch den Abstieg bis Breuil-Cervinia machen wollten. Das waren immerhin 1800 Höhenmeter wieder bergab und die Zelte mussten auch noch abgebaut werden.

Etwas entäuscht aber dennoch guter Stimmung kamen wir gegen abend wieder in Breul-Cervinia an. Die Anstregungen konnte man in den Gesichtern lesen. Nach einem guten Abendessen aus Büchsen und Tüten gingen wir wieder ziemlich früh in unsere Zelte zum Schlafen, um uns am nächsten Morgen auf die Heimreise zu machen.

Also rechtzeitig aufgestanden waren wir ja, die Sachen waren auch schon im Bus verstaut, die Scheiben enteist und alle zum Abfahren bereit. Nur hätte das auch mal jemand unserem Bus klarmachen sollen, dass wir jetzt los wollten. Er wollte einfach nicht anspringen. Ein paar Macken sollte er also haben, naja hatte ich schon erwähnt das die Zentralverriegelung auch ein Eigenleben hatte? Wenn man von der Beifahrertür öffnete, dann war es schon lustig, wie die Türen von Geisterhand immer auf und zu gingen, ein nicht enden wollendes Spiel. Zu unserer Überrasschung war der Bus auch offen, als wir von unserer Tour zurückkehrten, obwohl wir gewissenhaft abgeschlossen hatten, aber es fehlte nichts. Na jedenfalls standen wir so alleine auf dem Parkplatz ohne Aussicht auf Hilfe. Breuil-Cervinia ist ein Wintersportort, ausserhalb der Saison so gut wie ausgestorben. Also blieb uns nichts weiter übrig, als den Bus anzuschieben, worüber sich der Kat bestimmt gefreut hat. Es half aber und unser Bus nebelte ächzend den ganzen Parkplatz ein. Dann ging es wieder Richtung Autobahn, immer bergab. Trotzdem zog der Bus überhaupt nicht und lief auch völlig unrund. Ein LKW vor uns gab uns Zeichen zum Überholen, doch zwecklos, wir kamen einfach nicht vorbei, und das obwohl es immer noch bergab ging! Mit Tempo 30 fuhren wir dann auf die Autobahn auf(diesmal zogen wir auch so ein ominöses Ticket). Schneller wie 80 Km/h bergab nach endlosem Schwung holen war aber nicht möglich. Auf gerader Strecke und am Berg zogen die LKWs locker an uns vorbei und wir wurden immer langsamer. Diesmal wollten wir eine andere Strecke fahren durch den San Bernhard Tunnel. Als wir uns dann aber schließlich im zweiten Gang die Berge herauf quälten, waren wir nicht mehr so richtig davon überzeugt, heute wieder zu Hause anzukommen. Wir hielten noch einmal an und schauten wieder ganz fachmännisch in den Motorraum. Werkzeug hatten wir eh nicht dabei, wir vermuteten zwar, dass es an den Zündkerzen liegen könnte, konnten aber nichts machen. Also säuberten wir erst mal den Luftfilter, denn den haben wir noch abbauen können. Half aber nicht wirklich, kurz vor dem Tunnel sind wir dann wieder raus gefahren, auf einen Rasthof mit Tankstelle und Werkstatt. Nach Kontrolle des Ölstandes schütteten wir noch mal 2 Liter Öl nach und riefen schließlich den ADAC in Deutschland an. Nach etlichen Gesprächen und Rückrufen wollte man uns in die nächste Werkstatt abschleppen, nun standen wir aber direkt vor einer Werkstatt. Das muss dann aber auch der ADAC herausgefunden haben, denn schließlich kam ein Monteur aus besagter Werkstatt auf uns zu und faselte irgendwas vom ADAC, wir nickten nur und zeigten auf unseren Bus. Nach einem fachmännischen Blick und Startversuchen schoben wir den Bus in seine Werkstatt. Verständigen konnten wir uns nur mit Händen und Füßen, war aber auch egal, wir hätten ja eh nichts machen können. Unser Monteur legte gleich los und baute erst mal die Zündkerzen aus, säuberte die Zündverteilerkabel in einer Seelenruhe und gab uns dann zu verstehen, dass die Zündkerzen "kapuuuut" seien und er erst neue besorgen müsse. Also warteten wir. Irgendwann kamen dann auch die Zündkerzen, die schnell eingbaut waren. Der Motor sprang auch sofort an und lief auch erstaunlich ruhig. Nur unser Mechaniker war nicht zufrieden. Er fummelte die ganze Zeit am Motor rum und sagte schließlich: "Motor kapuuuut". Na toll, wenn wir seine Zeichen richtig verstanden haben, dann verbrannte das Ding zu viel Öl, was auch erklärte, dass das Öl alle war. Was sonst noch so am Motor "kapuuuut" war, konnten wir aus seien Handbewegungen nicht erkennen. Wir fragten, ob wir noch bis Deutschland kommen würden, er zuckte nur mit den Achseln. Wie aufbauend! Er gab uns zu verstehen, noch mal Öl nachzufüllen und dann fuhren wir vom Hof, mit einer saftigen Rechnung im Gepäck. Eigentlich wollten wir mit dem Bus ja Kosten sparen, aber dieses Wrack von einer Benzinschleuder hat uns einen ganz schönen Strich durch die Rechnung gemacht. Jedenfalls kamen wir jetzt wieder wesentlich schneller vorwärts. Wir zogen noch mal eine schöne Nebelspur durch die Schweiz und kamen dann ohne weitere Zwischenfälle spät abends nach ca. 17 Stunden Fahrt und Reparatur wieder in Ilmenau an.

Man muss sagen, dass die Busfahrt fast spannender war als unsere Tour :-). Trotzdem haben wir uns vorgenommen, irgendwann wieder zu kommen, um die Tour zu wiederholen oder eine ähnlich zu starten. Dann aber garantiert ohne diesen Bus.

So jetzt hab ich fast nen Roman drausgemacht. Danke fürs Durchhalten. Jetzt kommen endlich die Bilder von unserer Tour. Viel Spass.